Theater auf Krankenschein
Dass kranke Mimen auf der Bühne gesund werden,
weiß jeder, der mal krank auf eine Bühne gegangen
ist. Dass der Theaterschlaf der gesündeste ist, wird immer
gern kolportiert. Dass Theater an sich fürs Publikum gesund
ist, steht seit August 2007 fest: Eine Rangliste der Zeitschrift
"Healthy Living" über die gesündesten der
deutschen Großstädte bescheinigt Ulm Rang eins. Grundlage
der Rangliste sind mehr als 3600 Einzeldaten, aus denen die
Medizinische Hochschule Hannover für die 81 deutschen Städte
mit mehr als 100 000 Einwohnern Gesundheitsindexe ermittelt
hat. Ulm bekommt zwar in einer Schulnotenskala von 1 bis 6 in
etlichen Bewertungen die Note sehr gut, ist aber auf keinem
Feld absolute Spitze. Das beste Gesamtergebnis resultiert also
aus guten Durchschnittswerten. Die Autoren von "Healthy
Living" führen sechs Gründe ins Feld, warum Ulm
der Preis "Gesündeste Stadt 2007" gebührt.
Einer dieser sechs Punkte:
Die Kulturfreude: Ein Stadttheater und
neun weitere Bühnen locken jeden Ulmer und jede Ulmerin
1,75 Mal pro Jahr ins Theater - das schlägt alle anderen
Städte um Längen.
Kein Wunder: Ulm hat das älteste Stadttheater
Deutschlands. Und dann dürfen wir vom AuGuSTheater ja nun
sagen, wir tragen sehr zur Gesundheit der Ulmerinnen und Ulmer
bei (Anlass, in Ulm mal wieder wegen Subventionen anzufragen...).
Wir haben das Thema "Theater und Gesundheit"
ja schon seit langem entdeckt, zum Beispiel "Lachen als
Prophylaxe". Aber da wir in der Provinz sitzen, nimmt man
uns (in Berlin) nicht ernst. An sich lächerlich, aber was
willst Du machen...
Theater auf Krankenschein!
Eine Schnapsidee? Nein!
Die
tollste Internet-Seite zum Thema Humor. Da findet man
alles von Gelotologie bis zum Humor-Kongress.
Hier
die kompletteste wissenschaftliche Darstellung
Weitere Internetseiten zum Thema:
Heilkraft
des Lachens
Warum
lachen wir?
Inzwischen gibt es sogar eine
Xing-Lachgruppe
Da sieht man, dass die Idee "Theater auf
Krankenschein" total up to date ist.
Aber bis das mal jemand kapiert...
Wir haben auch einiges
einschlägiges, wissenschaftliches Material gesammelt.
Eine Lachnummer für sich ist, was
offizielle Stellen (Ministerien) dazu zu sagen hatten - bis
sie sich hilflos ausschwiegen...
Entnehmen Sie dem hier dokumentierten Briefverkehr
alles über den Hintergrund dieser
Idee und verfolgen Sie, warum nix draus wird.
Weshalb aber unkonventionelle Lösungen
dringend geboten sind, sehen Sie hier (drauf klicken zum Vergrößern):
aus: Südeutsche Zeitung vom Freitag, 16. November 2007
- Seite 1
Am 25. März 1997 schrieben wir
an Minister Blüm:
Sehr geehrter Herr Minister Blüm,
vor einiger Zeit hatten wir an das Gesundheitsministerium
einen Brief geschrieben, in dem wir den Vorschlag gemacht haben,
"Theater auf Krankenschein" einzuführen. Der
Vorgang ist dann damals zuständigkeitshalber an Ihr Ministerium
weitergeleitet worden. Und wir sind dann tatsächlich von
Ihrer Seite wieder konsultiert worden.
Leider hat das Projekt ein zeitlang gelegen.
Nur scheinbar ist die Zeit darüber weggegangen. "Theater
auf Krankenschein" ist nämlich alles andere als eine
Sache, welche nur zu Zeiten voller Kassen als Möglichkeit
ins Auge zu fassen ist. Ganz im Gegenteil.
Die alte Weisheit "Lachen ist gesund"
sollte nämlich endlich einmal ernst genommen werden! Bei
uns kostet die Eintrittskarte 18.- DM. Dafür therapieren
wir knapp zwei Stunden. Nach der Anwendung geht es den meisten
viel besser als vorher. Und das Schöne: Wer regelmäßig
kommt, ist voll im Vorsorge-Programm (Prophylaxe).
Eins ist klar: Wir haben festgestellt, daß
die Menschen in Flensburg einen anderen Humor haben als die
bei uns im Süden. Das ist eine Küchenweisheit. In
einem Feldversuch wäre zu ergründen "Worüber
lacht der Mensch in...?" Dafür bräuchten wir
Ihre Unterstützung. Unser Vorschlag: Sie sprechen mit Krankenkassen
quer durch Deutschland, daß die einmalig für bestimmte
Mitglieder einen Theaterbesuch auf Krankenschein bezahlen. Und
dann könnten ein Forschungsbegleitteam in Kooperation mit
uns als künstlerisch-fachlicher Kompetenz Kausalitäten
von Lachern ergründen.
Lachhaft? In England gibt es Lachen auf Krankenschein,
in USA und Schweden gibt es Lachtherapien. Die Zeitschrift "Psychologie
heute" veröffentlicht das Ergebnis von Untersuchungen:
"Glück ist keine Glücksache." Heiterkeit
läßt sich lernen, aber nicht bloß bei teuren
Psychos wieRobert Holden (Oxford), der als Gründer einer
Klinik für Streßbewältigung regelmäßig
Lach-Seminare und "happiness-workshops" abhält.
Nein - Theater ist sogar besser geeignet.
Wir könnten mit Ihrer Hilfe den Beweis
antreten: Am besten, Sie laden uns zu einem Vorspiel ein. Dabei
sollten Sie, Herr Minister Blüm, aber nicht allein entscheiden,
weil Sie offenbar leicht zum Lachen zu bringen sind. Um Sie
zu überzeugen, müßten wir mit einer Riege durchschnittlicher
Ministerialdirektoren konfrontiert werden. Allerdings sollte
deren leichtes Lippenkräuseln schon als erster Erfolg gewertet
werden dürfen. Mitbringen von Zitronen, Zaumzeug und Maulkörben
würde von uns als not Cricket angesehen werden. Auf jeden
Fall aber müßten die jeweiligen Lebensabschittspartnerinnen
dabei sein. Die reine Herrenriege lehnen wir ab. Sollten wir
in der von Ihnen gewählten Runde reüssieren, könnte
dann ein Probelauf vor dem Kabinett stattfinden. Hier müßten
die jeweiligen Chefsekretärinnen mit dabei sein, weil das
realitätsnäher ist.Auf das Anlegen von Lügendetektoren
verzichten wir (nicht GG-konform).
Wäre das eine Basis? Haben Sie andere Vorschläge?
Mit freundlichem Lächeln aus Ulm
Ihr AuGuS-Theater-Team
Antwort aus Bonn am 26. März 1997:
Sehr geehrter Herr Koch,
vielen Dank für Ihre Vorschläge bezüueglich
"Theater auf Krankenschein". Ihr Schreiben habe ich
zuständigkeitshalber an den Bundesminister für Gesundheit,
Probsthof 78a, 53121 Bonn, weitergeleitet. Von dort werden Sie
weitere Nachricht erhalten.
Mit freundlichen Grüssen
Gerlind Zoder, BMA
Weiteres Schreiben aus Bonn am 27. März
1997:
Sehr geehrter Herr Koch,
ich bitte vielmals um Entschuldigung, die letzte
e-mail war ein Missverständnis, Ihr Vorgang ist nicht an
das Bundesministerium für Gesundheit gesandt worden, ich
werde ihn nochmals zur Beantwortung in unsere Fachabteilung
geben. Ich hoffe, dass Sie von dort bald Nachricht erhalten
werden.
Mit freundlichen Grüssen
Gerlind Zoder, BMA
Erneutes Schreiben ans Ministerium am
22. Mai 1997:
Sehr geehrte Frau Zoder,
leider haben Sie vergebens gehofft. Bis dato
noch keine Antwort. Ob Sie nochmals nachhaken? übrigens
hat sich bei uns einiges getan.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Koch
AuGuS-T
Reaktion aus Bonn am 23. Mai 1997:
Sehr geehrter Herr Koch,
ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß Fr.
Zoder die nächsten vier Wochen in Urlaub ist. Da mir Ihr
Vorgang nicht vertraut ist, kann ich Ihnen zur Zeit nicht weiterhelfen.
Fr. Zoder ist ab dem 23.06.1997 wieder zu erreichen. Mit freundlichen
Grüßen Fr. Lorenz (Vertretung von Fr. Zoder)
Erneutes Schreiben ans Bonner Ministerium
am 7. Juli 1997
Sehr geehrte Frau Zoder,
Sie waren im Urlaub. Der war hoffentlich schoen.
Waren Sie auch mal im Theater? Und? War's gut? Gesund? In unserer
Sache "Theater auf Krankenschein" hat sich nichts
getan. Bitte schauen Sie mal wieder bei uns rein (http://www.theater-neu-ulm.de)
- da erfahren Sie viel Neues. Ich füge nochmals unseren
Brief an Minister Blüm an. Vielleicht ist doch bald eine
Antwort des Ministers möglich.
(Als Anlage nochmals der Brief)
Am selben Tag Antwort, die wir mit Kommentaren
zurücksandten
Sehr geehrter Herr Koch,
vielen Dank fuer Ihre Nachfrage nach meinem
Urlaub, er war sehr schoen.
Prima!
Daß Sie noch keine Nachricht bekommen
haben, kann an Ihrer fehlenden Postanschrift liegen. Unsere
Abteilungen sind nämlich nicht alle mit Internetanschlüssen
versehen. Zudem ist das Bundesarbeitsministerium nicht für
Ihr Anliegen zuständig, sondern das Bundesministerium für
Gesundheit, an das Sie sich ja schon gewandt haben. Dort sollten
Sie nochmals nachfragen mit Angabe Ihrer Postanschrift, denn
genau wie bei uns sind auch im Bundesgesundheitsministerium
nicht alle Abteilungen mit Internetanschlüssen versehen.
Mit freundlichen Grüssen
Gerlind Zoder, BMA
Liebe Frau Zoder,
Ihre Nachricht ist weniger prima. Wir hatten
schon mal das Mißverständnis, daß das Gesundheitsministerium
zuständig sei. Sie haben damals sofort reagiert und unsere
Initiative im eigenen Hause weitergeben wollen. Dann kam aber
nichts.
Jetzt müßte mir doch mal eindeutig
gesagt werden, ob ich mich tatsächlich an Herrn Seehofer
wenden muß. Übrigens, unsere Anschrift lautet:
AuGuS-Theater Neu-Ulm,
Heidelbeerweg 10
89075 Ulm
Am 8. Juli kam dann folgende e-mail:
Sehr geehrter Herr Koch,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Nach Rücksprache
im Hause muß ich Ihnen leider doch mitteilen,
dass das Thema Theater auf Krankenschein
ausschließlich die Krankenversicherung betrifft, für
die das
Bundesgesundheitsministerium zuständig ist. Es tut mir
leider, Ihnen
keine andere Antwort zukommen lassen zu können.
Mit freundlichen Grüssen
Gerlind Zoder, BMA
Am 28. Juli schickten wir also einen
Brief an Minister Seehofer
An den
Bundesgesundheitsminister
Herrn Horst Seehofer
Bonn Sehr geehrter Herr Minister Seehofer,
vor einiger Zeit hatten wir an Ihr Ministerium
einen Brief geschrieben,
in dem wir den Vorschlag gemacht haben, "Theater auf Krankenschein"
einzuführen. Der Vorgang ist dann damals zuständigkeitshalber
das
Sozialministerium weitergeleitet worden. Wir sollten weitere
Informationen und Unterlagen liefern, hieß es damals.
Wir mußten
die Sache dann eine Zeit ruhen lassen, nahmen aber im Frühjahr
den Kontakt mit dem Sozialministerium wieder auf.
Jetzt heißt es neuerdings wieder, Sie seien zuständig.
Also wenden wir uns an Sie. Gerade in Zeiten
leerer Kassen.
Und obwohl Sie soviel am Hals haben. Aber Sie werden sehen:
Die Sache ist nicht "ohne"!
Theater auf Krankenschein? Na klar!
Die alte Weisheit "Lachen ist gesund"
sollte nämlich
endlich einmal ernst genommen werden!
Bei uns kostet die Eintrittskarte 18.- DM. Dafür
therapieren
wir knapp zwei Stunden. Ein Arzt wendet sich
dem Patienten für diesen Betrag nur wenige Minuten zu.
Wir machen dafür eine komplette Seelen-Massage.
Nachher geht es den meisten viel besser als vorher.
Das haben uns viele jedenfalls schon gesagt. Und das Schöne:
Wer regelmäßig kommt, ist voll im Vorsorge-Programm
(Prophylaxe).
Nun ist es natürlich notwendig, unseren
Ansatz zu objektivieren.
Wir müßten wissenschaftlich begleitet werden.
Nicht jedes Theater ist für jeden geeignet. Wir haben
auch festgestellt, daß die Menschen in Flensburg
einen anderen Humor haben als die bei uns im Süden.
Das ist eine Küchenweisheit. In einem
Feldversuch wäre zu ergründen
"Worüber lacht der Mensch in...?"
Dafür bräuchten wir Ihre Unterstützung.
Unser Vorschlag:
Sie sprechen mit Krankenkassen quer durch
Deutschland, daß die einmalig für bestimmte Mitglieder
einen Theaterbesuch auf Krankenschein bezahlen. Und dann
könnten ein Forschungsbegleitteam in Kooperation mit uns
als künstlerisch-fachlicher Kompetenz Kausalitäten
von Lachern ergründen.
Lachhaft? In England gibt es Lachen auf Krankenschein,
in USA und Schweden gibt es Lachtherapien. Die Zeitschrift
"Psychologie heute" veröffentlicht das Ergebnis
von Untersuchungen:
"Glück ist keine Glücksache." Heiterkeit
läßt sich lernen,
aber nicht bloß bei teuren Psychos wieRobert Holden (Oxford),
der als Gründer einer Klinik für Streßbewältigung
regelmäßig
Lach-Seminare und "happiness-workshops" abhält.
Nein -
Theater ist sogar besser geeignet.
Wir könnten mit Ihrer Hilfe den Beweis
antreten:
Am besten, Sie laden uns zu einem Vorspiel ein.
Dabei sollten Sie, Herr Minister Seehofer, aber nicht allein
entscheiden, weil Sie offenbar leicht zum Lachen zu bringen
sind. Um Sie zu überzeugen, müßten wir mit einer
Riege
durchschnittlicher Ministerialdirektoren konfrontiert werden.
Allerdings sollte deren leichtes Lippenkräuseln schon
als erster Erfolg gewertet werden dürfen.
Mitbringen von Zitronen, Zaumzeug und Maulkörben
würde von uns als not Cricket angesehen werden. Auf
jeden Fall aber müßten die jeweiligen
Lebensabschittspartnerinnen dabei sein.
Die reine Herrenriege lehnen wir ab.
Sollten wir in der von Ihnen gewählten
Runde
reüssieren, könnte dann ein Probelauf vor dem Kabinett
stattfinden. Hier müßten die jeweiligen Chefsekretärinnen
mit
dabei sein, weil das realitätsnäher ist. Auf das Anlegen
von Lügendetektoren verzichten wir (nicht GG-konform).
Wäre das eine Basis?
Haben Sie andere Vorschläge?
Mit freundlichem Lächeln aus Ulm
Ihr AuGuS-Theater-Team
Am 10. September kam die Antwort der
Parlamentarischen Staatssekretärin
beim Bundesminister für Gesundheit, Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Sehr geehrter Herr Koch,
sehr geehrte Damen und Herren,
für Ihr Schreiben vom 28. Juli zum Thema "Theater
auf Krankenschein" danke ich Ihnen.
bergm.gif Aufgrund entsprechender Erinnerungen
der Registratur des Bundesministeriums für Gesundheit liegt
mir die Kopie eines Artikels der "Schwäbischen Zeitung"
vom 5. August 1983 vor. Nach diesem Bericht hat Herr Theodor
Dentler, im Hauptberuf Leiter des Ulmer "Westentaschentheaters",
mit seinem Einfall, Theaterkarten auf Krankenschein auszugeben,
das "Sommerloch" füllen wollen. Und in der Tat:
Herr Dentler hat ein entsprechendes Schreiben am 26. Juli 1983
an die Bundesregierung gerichtet. Da Ihr Schreiben das Datum
vom 28. Juli 1997 trägt, haben Sie zwar den Zeitraum von
14 Jahren um 2 Tage überzogen, aber dennoch voll ins Sommerloch
getroffen. Insoweit meinen herzlichen Glückwunsch.
Mein Kollege Dr. Jürgen Meyer aus Ulm hat
mir am 14. Oktober 1992 mitgeteilt, daß entsprechende
Träume über Theaterbesuche auf Krankenschein in seinem
Wahlkreis offenbar weiterhin geträumt werden; und er hat
mich um eine Stellungnahme dazu gebeten. Da ich nicht genau
weiß, ob Ihnen diese Stellungnahme vorliegt, füge
ich eine Kopie dieser Stellungnahme bei. Falls Sie sie schon
kennen, frischt das möglicherweise Ihre Erinnerungen an
Ihre Träume auf.
Dieser Zusammenhang zwischen Erinnerungen und
Träumen wird wohl am besten dargestellt durch die letzten
Sätze aus Heinrich Spoerls "Feuerzangenbowle":
"Wahr an der Geschichte ist lediglich der
Anfang: die Feuerzangenbowle. Wahr sind auch die Erinnerungen,
die wir mit uns tragen; die Träume, die wir spinnen, und
Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden."
Mit freundlichen Grüßen
S. Bergmann-Pohl
Wir antworteten per Fax am 19. Oktober
1997
Sehr geehrte Staatssekretärin Frau Dr.
Bergmann-Pohl,
für Ihr Schreiben vom 10. September danke ich Ihnen.
Es ist, wie Sie sich denken können, für
uns eine große Freude, daß Sie sich als Stellvertreterin
des Ministers persönlich der Sache so annehmen. Ganz überrascht
sind wir, wieviel Sie vom Träumen wissen. Deswegen erlauben
wir uns, Sie auf das Buch von Erich Fromm "Märchen,
Mythen, Träume" aufmerksam zu machen. Es ist zwar
nicht so vergnüglich wie die "Feuerzangenbowle",
aber sehr unterhaltsam und auch lehrreich. Fromm sagt darin
unter anderem, daß wir erst dann und nur dann frei sind,
wenn wir schlafen, weil wir uns dann von den Fesseln der Sinne
lösen und unser Unterbewußtsein unbefangen arbeitet.
Zu der Geschichte der Idee von "Theater
auf Krankenschein" nur ganz kurz: Ich war 1983 erheblich
beteiligt, diese Idee auszuformen. Ich erinnere (!) mich noch
sehr, sehr gut an den Theaterabend, an dem eine Frau nach der
Vorstellung im Zuschauerraum sitzenblieb, um mit uns zu sprechen
und uns zu danken. Sie habe chronisch große Schmerzen.
Aber ein solcher Abend lindere ihre Schmerzen und das halte
auch einige Zeit an. Da zufällig am selben Abend auch der
damalige Chef der Ulmer AOK anwesend war und ebenfalls nicht
sofort das Theater verlassen hatte, kam die Idee auf, er müsse
doch der Frau die Theaterbesuche auf Krankenschein ermöglichen,
weil er so viel Geld sparen könne. Er spielte mit und stellte
wenig später einmalig einen Krankenschein aus, wobei er
den Betrag sicher aus der eigenen Tasche gezahlt hat.
Was die im Spoerlzitat erwähnte Wahrheit
angeht, verweisen wir spaßeshalber auf Paul Watzlawicks
Buch "Die erfundene Wirklichkeit. Wie wir wissen, was wir
zu wissen glauben.". Sehr spannende Lektüre für
alle Realisten.
"Sommerloch": Der Brief an Sie ist
eine Folge des im März begonnenen regen Briefwechsels zwischen
uns und dem Sozialministerium. Das war unseres Wissens für
das Thema Krankenschein zuständig. Wir erinnerten uns jedenfalls,
daß Ihr Ministerium im Jahre 1983 geschrieben hatte, die
Sache sei zuständigkeitshalber ans Sozialministerium gegangen.
Von dort waren wir dann gebeten worden, mehr Unterlagen zu schicken.
Als ich - zugegeben nach langer Zeit und trotz Ihrer Antwort
auf Professor Meyers Anfrage - das Sozialministerium nun im
März 1997 wieder angeschrieben hatte, kam nach einigem
Hin und Her raus: Das Seehofer-Ministerium ist tatsächlich
zuständig. Weil mir die Sache mit dem Spaß ernst
ist, habe ich vermieden, den Vorgang presse- öffentlich
zu machen. Im übrigen gibt es doch gar kein Sommerloch
mehr. Dafür sorgen die Politiker. Das war besonders 1997
so.
Obwohl ich keine Hoffnung habe, der Kern unseres
Anliegens könnte doch noch erkannt werden, schicke ich
Ihnen die Abschrift eines Artikels mit, der vor einigen Tagen
in der SüDWEST PRESSE (5.größte deutsche Abo-Zeitung,
430.000 Auflage) abgedruckt war: Kunst im Krankenhaus - nicht
zur ästhetischen Erbauung, sondern als Heilmittel . Immer
mehr Krankenhäuser haben Erfolg damit. Statt eine weitere
Dosis Aspirin zu schlucken, lauscht der Schmerzpatient dem Klang
der Violine. Ein anderer Patient, der zum ersten Mal aufstehen
darf, wandelt auf dem langen Korridor der Klinik und betrachtet
die ausgehängten Gemälde. Das Leben im Krankenhaus
menschlicher zu gestalten und den Heilungsprozeß zu beschleunigen,
ist das Ziel von künstlerischen Veranstaltungen, die mehr
und mehr Einzug in die Kliniken nehmen.
"Kunst im Krankenhaus" heißt
die Aktion, die vom Bundesverband Kultur und Gesundheit "Medi-Art"
schon seit eineinhalb Jahren professionell betrieben wird.
Der Verband betreut bereits 80 Mitglieder, überwiegend
Krankenhäuser, aber auch Alten- und Kinderheime. "Wenn
sich die Patienten entsprechend ihrer Umstände wohlfühlen,
schreitet die Genesung schneller voran", betont die Vorsitzende
des Verbandes, Regina Bollinger. Ob Kunstausstellungen in Krankenhausfluren,
ob Theaterstücke, Konzerte oder Werkstätten für
eigene künstlerische Betätigung der Patienten - alles
hat therapeutische Wirkung.
Iinzwischen erkennen auch die angesprochenen
Institutionen die Bedeutung dieser Aktion. "Die Reaktionen
sind durchweg positiv, denn durch die Kunstwerke haben die Patienten
Gelegenheit, über andere Dinge als nur über ihre Krankheit
zu sprechen", bestätigt Rainer Wienhöwer, Chefarzt
der Golzheimer Klinik in Düsseldorf.
Die Kinderklinik in Freiburg hat ein "Kinder-Kultur-Bonbon"
zur Unterhaltung der kleinen Patienten aufgebaut und das Evangelische
Krankenhaus in Mülheim/Ruhr eine Kunstwerkstatt eingerichtet,
in der die Patienten selbst zu Pinsel und Farbe greifen.
Wir finden das ausgesprochen interessant. Es
geht genau in die Richtung, die wir meinen.
Mit freundlichen Grüßen
das AuGuS-Theater-Team.
Nachdem so gar keine Resonanz mehr erfolgte,
schrieben wir am 1. Juli 1998 folgende
eMail an die Parlamentarische Staatssekretärin:
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
Sie erinnern sich bestimmt gern an unseren Briefwechsel, den
Sie ja leider abgebrochen haben, nachdem wir nochmals auf Ihren
letzten, sehr sarkastischen Brief geantwortet hatten. Sie hatten
unterstellt, uns ginge es um eine Sommerloch-Geschichte, während
wir einen konstruktiven Beitrag leisten wollten. Jetzt darf
ich Ihnen nochmals einen Zeitungsartikel senden, welcher am
letzten Samstag, 27. Juni 98 in der Südwest Presse Ulm
auf der Seite "Mensch und Gesundheit" abgedruckt worden
ist. Ich kann natürlich nix dafür, daß die Politik
so unspannend ist, daß die drittgrößte deutsche
Abo-Zeitung jetzt schon beginnt, das Sommerloch zu füllen.
Wir indes hatten ja damals überhaupt nicht die Presse eingeschaltet,
hatten also zunächst eine konspirative Verbindung mit Ihnen
aufgenommen. Letztlich wäre es auch gar nicht darum gegangen,
daß die Kassen sofort Rezepte bezahlen. Aber eins ist
doch klar: So wie das Gesundheitswesen bisher läuft, ist
es eine Krankheit.
Gute, wirkungsvolle Therapien (Klassische Homöopathie,
Lach-Therapie) kann sich nur der Begüterte leisten.
Wer kein Geld hat, muß das in Anspruch nehmen, was von
den Gesetzlichen so angeboten wird. Und das, das kommt uns alle
zu teuer und hilft vielfach nicht. Die Zusammenarbeit mit uns
wäre innovativ gewesen.
Wir haben auch etwas anderes nur scheinbar Dummes in Ulm und
drumherum angeregt: die Lobby-Card.
Damit können solche, die unterhalb eines bestimmten Einkommensniveaus
liegen (und etwas sind, was es in D gar nicht gibt, nämlich
arm), Vieles günstiger bekommen. (Bitte nachlesen im Internet
http://www.ulm.org/augus-t unter "Theater hat Folgen. So,
jetzt hatten Sie wieder mal Kontakt mit einem Bürger, der
denkt. Und hier der Artikel: Viel Spaß beim Lesen - und
hoffentlich Nachgedanken!
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Koch, AuGuS-Theater Neu-Ulm
Heidelbeerweg 10
89075 Ulm
STUDIE / Spaßmacher auf Platz
vier
Clowns im Krankenhaus - ein
Pflaster für die Seele
Erster europäischer Klinikclowns-Kongreß
in Münster
VON ANNETTE VORPAHL / Südwest Presse (Ulm)
vom 27. Juni 1998
Es gibt sie nicht auf Rezept. Aber ihre Wirkung
ist durchschlagend. Risiken und Nebenwirkungen sind eher angenehmer
Art: Clowns im Krankenhaus. Immer mittwochs "behandeln"
sie ihre kleinen Patienten auf der Dialyse-Station der Uniklinik
Freiburg. Dick ausgestopft, mit leuchtend roter Nase, Plüsch-
Hausschuhen und im Nachthemd flitzt Clownin Floh alias Andrea
Weber vom Galli-Theater über die Flure.
Mit einer Studie belegten während des weltweit
ersten "Clinic-Clowns-Kongresses" am Universitätskrankenhaus
Münster die Chefärztin der Berliner Kinderklinik Buch,
Monika Schöntube und der Psychologe Joachim Meincke, was
längst bekannt ist: Die kranken Kinder lieben die dummen
Auguste.
"Sie fühlen sich den Clowns verbunden. Dadurch ertragen
sie ihr Schicksal deutlich leichter", berichtet Dr. Schöntube.
Auf den drei Stationen Onkologie, Rheumatologie
und Diabetes sind alle kleinen Patienten chronisch bis akut
lebensbedrohlich erkrankt. Von 54 befragten Kindern fühlten
sich die meisten am wohlsten, wenn die Clowns auftauchten. Bei
der Frage, wer ihnen helfe, ihre Krankheit zu bewältigen,
landeten die Spaßmacher nach Eltern, Schwestern und Ärzten
auf Platz vier.
"Subtiles Eingehen" auf das einzelne
Kind versteht sich von selbst bei den Clowns. Ein fertiges Programm
wie im Zirkus spult keiner ab. Die Komiker sind gut informiert
über ihre "Zuschauer", unterliegen einer Schweigepflicht
und dokumentieren ihre Visiten. Neuerdings steigen sie sogar
bis in den Operationssaal hinab. Wacht der kleine Patient aus
der Narkose auf, ist schon einer da, der Mutter oder Vater zumindest
kurzzeitig ersetzen kann.
Der therapeutische Humor ist an den europäischen
Kliniken auf dem Vormarsch - das bewiesen die rund 90 Künstler
mit ihrer Teilnahme am ersten Clinic-Clowns-Kongreß. In
Deutschland stehen Ärzte und Klinikpersonal dem Spaß
im Krankenhaus am verhaltendsten gegenüber. Die speziell
ausgebildeten Botschafter der guten Laune müssen nicht
selten um Anerkennung streiten. Oft würden sie mißverstanden
als Kritik an der Arbeit des Arztes oder der Pflegekräfte.
"Der Clown ist nicht der Konkurrent des
Arztes. Er ergänzt und erleichtert die pflegerische Tätigkeit",
stellt Christian Heeck von den Kliniken der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster klar, die sich mit ihm
sogar einen eigenen Kulturreferenten leisten. Sein Klinikum,
das von nun an als Zentrum der europäischen Klinikclowns
gilt, bietet schon seit 1993 "Theater im Flur", läßt
den "Chor der Stimmlosen" erklingen, bringt "Mozart
ans Krankenbett" und die Clowns in die Kinderambulanz.
"Lachen ist die beste Medizin" - das
findet Christian Heeck zwar auch. "Krankenhaus macht krank"
hört er jedoch lieber. Bestätigt fühlen dürfte
er sich von allen, die einmal die berühmten Nebenwirkungen
des Krankenhausaufenthaltes am eigenen Leib erfuhren: Zwang
zur Untätigkeit, Einengung wesentlicher Lebensmöglichkeiten,
das Gefühl von Passivität und Fremdbestimmung. Mit
der Kultur will Heeck die Kliniken als Lebensraum für Menschen
zurückgewinnen, ihnen zurückgeben, was verloren scheint:
den Patienten eine Stimme verleihen, Begegnungen stiften, den
Einzelnen in seinen gesunden Anteilen ansprechen. Das münstersche
Kulturreferat ermutigte mittlerweile mehr als hundert Kliniken
in der Bundesrepublik, Klamauk in die Korridore zu holen.
Der Spaß, so befand der Berliner Ärztekammerpräsident
Dr. Ellis Huber, komme bei der heute angewendeten medizinischen
Wissenschaft zu kurz. Die Medizin sei zu technisch geworden,
sie habe sich zu sehr vom Menschen entfernt, und sie sei zu
teuer geworden.
Wer wäre da nicht besser geeignet als der
Clown, die Seelenlage des Kranken aufzugreifen, zu spiegeln
und sich zum Verbündeten des Patienten zu machen?
Lachen bewirkt wahre Wunder im menschlichen
Körper. Über 300 Muskeln soll es ansprechen, das Immunsystem
stärken, den Schmerz lindern, Herz und Kreislauf kräftigen.
Während eines spontanen Heiterkeitsanfalls schüttet
der Körper glücksbringende Hormone, sogenannte Endorphine,
aus.
Sogar eine Wissenschaft etablierte sich mittlerweile
rund ums Lachen: die Gelotologie. Die Humorforschung findet
allerdings zwiespältiges Echo. Die einen, wie Ärztekammerpräsident
Huber, betrachten sie als ernstzunehmende wissenschaftliche
Disziplin. Nach dem Erfolg des Clowns-Projekts regte er sogar
einen "Beauftragten der Ärztekammer Berlin für
Lachmedizin und Humortherapie" an. Andere wie der Münsteraner
Kulturreferent meinen, die Wirkung des Lachens sei nicht mit
Studien zu beleggen. Er sieht das Lachen lieber als "frei
fluktierenden Virus als ein im Reagenzglas festgehaltenes Bakterium".
Daß die Spaßmacher in Weiß
es durchaus ernst meinen, formulierte Michael Christensen aus
den USA während des Kongresses. Der Vater der Clinic-Clowns-Bewegung
und Leiter des Big Apple Circus in New York stellte klar: Der
Schauspieler bedarf einer erstrangigen Ausbildung. Er muß
aus dem Herzen arbeiten und dem Kind zeigen, daß es mit
seiner Krankheit nicht allein ist, "die größte
Aufgabe des Klinikclowns".
Es kam nie eine Antwort
Am 25. Februar 2001 haben wir die neue
Ministerin Ulla Schmidt angeschrieben
Sehr geehrte Frau Ministerin Schmidt,
Ulla Schmidt Sie haben ja inzwischen einen Ruf
wie Donnerhall.
In kürzester Zeit haben Sie alle Medien auf Ihre
Seite gebracht.
Überall wird dann auch gesagt, daß Sie gern
lachen.
Das ist gut und läßt weiterhin blendende
Gesundheit prognostizieren.
Wie wir drauf kommen?
Lesen Sie doch bitte unseren Briefwechsel mit
Ihren Vorgänger(inne)n, veröffentlicht im Internet
unter
http://www.theater-neu-ulm.de/krankenschein.html
Sie sehen auch an der dazu verlinkten
Dokumentation, daß unsere vor 20 Jahren geborene
Idee alles andere als doof ist.
Vielleicht reizt Sie nach dieser Lektüre
auch
noch, was wir veröffentlicht haben unter
http://www.theater-neu-ulm.de/homoe.html
Viel Spaß
Theater Neu-Ulm
Auch hier wieder: keine Antwort!
Absolut lächerlich!
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